Ökonomistischer Neusprech

von Götz Eisenberg

Sind Sie in letzter Zeit einmal in die Verlegenheit gekommen, Stellenanzeigen lesen zu müssen? Und wenn ja, haben Sie herausgefunden, wer oder was gesucht wird, wenn die Stelle eines Corporate Key Relationship Managers, eines Change Managers, eines Manager Component Purchasing and Subcontracting oder eines Supply Chain Managers ausgeschrieben ist? Überhaupt scheint es nur noch Manager zu geben, selbst der gute alte Staubsaugervertreter oder das Mitglied einer Drückerkolonne nennen sich heute Area Sales Manager.
 
Der Berufsberater oder Arbeitsvermittler beim Arbeitsamt ist jetzt ein Case Manager, der darauf achtet, ob der Bewerber über ausreichende Softskills verfügt und teamfähig ist. Bewährungshelfer avancieren zu Sicherheits-Managern und der Hausmeister heißt nicht länger Hausmeister, sondern darf sich Facility Manager nennen.
 
Wir alle betreiben, wenn wir unser Leben führen und über unser Verhalten nachdenken, Selbstmanagement. Das menschliche Subjekt von einst mutiert zur Ich-AG, zum Unternehmer der eigenen Person, der Ich-Ressourcen verwertet und ein ausgefuchstes Zeitmanagement betreibt.

Dieser betriebswirtschaftliche Jargon ist die semantische Begleitmusik zum Aufstieg der Finanzblasenökonomie seit Mitte der 90er Jahre. Der Woodoo-Ökonomie der wild gewordenen Finanzmärkte korrespondieren Woodoo-Begriffe, die vollkommen abgehoben sind und jeden Bezug zur gemeinten Sache eingebüßt haben, wie das spekulativ um den Globus zirkulierende Geld den Bezug zur Produktion realer Gegenstände. Wenn wir den Wahnsinn der losgelassenen Ökonomie stoppen wollen, müssen wir nicht nur die Ramsch- und Woodoo-Papiere aus dem Verkehr ziehen, sondern wir werden uns auch die sprachlichen Leerverkäufe und Mogelpackungen wieder abgewöhnen und zu Worten mit Realitätsbezug und Körpergeruch zurückkehren müssen. Im Begriff Manager selbst ist dieser Bezug ja etymologisch noch enthalten. Er leitet sich vom lateinischen Wort manus, die Hand, ab und bezeichnet so ursprünglich jemanden, der etwas zu handhaben und zu bewerkstelligen vermag.
 
Mein Freund und Kollege Peter hat den unsäglichen ökonomistischen Neusprech unlängst wunderbar karikiert, als er mir seinen Hund, der mich bellend am Hoftor empfing, mit den Worten vorstellte: „Gestatten, das ist unser Yard-Manager.“

Veröffentlicht in den NachDenkSeiten am 22.6.2012